Unterbrechungen im Coaching sind strategische Werkzeuge zur Klärung und Strukturierung von Gedanken. Sie helfen, den roten Faden zu halten und fördern klare Kommunikation, besonders in Führungs- und Vertriebsgesprächen. Gesprächsregeln und gezielte Interventionen verbessern die Verständigung und führen schneller zu Ergebnissen.
Coaching-Momente, die etwas bewegen
Wenn ich dich unterbreche, ist das keine Unhöflichkeit – das ist Strategie mit einem Augenzwinkern
Vielleicht wunderst du dich im Coaching, wenn ich dich mitten im Satz unterbreche. Und ich kann das gut verstehen – schließlich gilt Unterbrechen im Alltag oft als grob oder unhöflich. Aber in meiner Arbeit ist es manchmal genau das Gegenteil: ein Moment des Innehaltens, bevor wir gemeinsam auf die falsche Abzweigung geraten.
Ich vergleiche das gern mit einem Navi: Du redest, biegst ab, wechselst die Richtung – und ich höre, dass du dich im Gespräch verirrst. Dann sage ich: „Moment, stopp mal. Jetzt sind wir genau da – und deshalb unterbreche ich dich.“ Nicht, weil ich dich ausbremsen will, sondern weil ich erkenne, dass hier eine wichtige Wendung liegt – eine Formulierung, an der wir gemeinsam weiterdenken können.
Wenn ich unterbreche, dann nicht, um dich zu stoppen, sondern um dir zu zeigen, dass etwas Wesentliches in deinen Worten steckt. Ich achte auf Unschärfen, gedankliche Sprünge, abrupte Richtungswechsel oder Formulierungen, die zwar ausgesprochen, aber noch nicht zu Ende gedacht sind. Wenn du mehrere Gedanken gleichzeitig entwickelst, helfe ich dir, sie zu sortieren – etwa indem ich frage: „Welcher dieser Punkte ist für dich gerade am wichtigsten?“ Oder ich schlage vor, die Gedanken zunächst als Liste zu ordnen, bevor wir weitermachen. Nicht aus Prinzip, sondern weil Klarheit entsteht, wenn Struktur sichtbar wird.
Ich mache dabei transparent, was gerade passiert. Zum Beispiel so: „Ich unterbreche dich, weil du dich in der Sache selbst schon auf etwas Wichtiges zubewegst.“ Oder: „Das war jetzt der Satz, um den es wirklich geht. Deshalb halte ich dich hier kurz an.“
Unterbrechen ist für mich ein Werkzeug der Gesprächsführung. Es hilft, Orientierung zurückzugewinnen und Gedanken sichtbar zu machen, die sonst im Redefluss untergehen würden.
Führung braucht Gesprächsstruktur
Gerade wenn du in einer Führungsrolle oder im Vertrieb arbeitest, lohnt es sich, dieses Prinzip einmal genauer zu betrachten. Ich weiß, wie verbreitet die Vorstellung ist, andere stets ausreden zu lassen. Das wirkt respektvoll – und kann in vielen Situationen auch sinnvoll sein. Aber nicht jedes Gespräch profitiert davon, wenn jeder Gedanke ungebremst bis zum Ende geführt wird.
In Gesprächen mit Mitarbeitenden, Kolleginnen und Kollegen oder auch mit Kundinnen und Kunden geht es häufig darum, gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Wenn der Redefluss zu lang wird oder sich im Kreis dreht, gehen Zeit, Energie oder Chancen verloren. Deshalb empfehle ich, frühzeitig Absprachen zu treffen: Wann darf ich unterbrechen? Wie zeigen wir uns gegenseitig, dass wir den roten Faden halten wollen?
Ich nenne das gern "Rules of Engagement" – also Gesprächsregeln, die bewusst abgestimmt sind. Eine solche Regel kann zum Beispiel lauten: „Wenn jemand zu lange spricht oder den roten Faden verliert, darf die andere Person mit einem vereinbarten Stichwort oder einer Geste kurz unterbrechen, um die Struktur wiederherzustellen.“
Wenn du weißt, dass du unterbrechen darfst, ohne zu stören, schaffst du Raum für Verständigung. Und wenn andere wissen, dass sie unterbrochen werden dürfen, sprechen sie oft klarer. Das verändert Gespräche – und führt meist schneller ans Ziel.
1. Zwischen dem Redefluss und der Erkenntnis – wann Unterbrechen ein Dienst ist
Es gibt Momente, da braucht ein Gedanke Raum – aber kein ganzes Kapitel. Wenn Menschen sehr lange sprechen, wiederholen sie sich oft. Sie erzählen zum Beispiel dreimal hintereinander, dass ein bestimmter Kollege nicht zuverlässig sei – jedes Mal mit leicht anderen Worten, aber ohne neue Information. Die zentrale Aussage bleibt im Nebel, und das eigentliche Anliegen wird nicht greifbar. Oder sie verheddern sich in Nebenschauplätzen, suchen nach Worten, verlieren ihr Ziel. Als Coach höre ich genau hin: nicht nur auf das, was gesagt wird, sondern auf das, was noch erreicht werden kann.
Wenn ich dann unterbreche, tue ich das nicht spontan oder aus Ungeduld. Es ist eine Entscheidung. Ich höre, wenn sich ein Satz im Kreis dreht. Oder wenn ein Thema nur angedeutet wird, ohne klar benannt zu sein. Mein Ziel ist immer: den Dialog wieder zugänglich zu machen – nicht ihn zu unterbrechen.
Typische Situationen, in denen ich unterbreche – mit Beispielen aus einer Sitzung mit Claudia
- Wenn jemand zu viele Gedanken gleichzeitig aussprechen will: Claudia sagt: „Also ich finde, dass das manchmal... also nicht immer, aber schon oft auch irgendwie so rüberkommt, dass... na ja, du weißt schon, wie ich das meine...“ Ich unterbreche sie an dieser Stelle, weil der Satz keine klare Aussage trifft. Stattdessen bewegt er sich in Andeutungen. Ich lade sie ein, den Gedanken mit einem konkreten Satz zu beginnen – zum Beispiel: „Mir ist wichtig, dass…“
- Wenn das Gesagte sich wiederholt, ohne etwas zu klären: Claudia schildert mehrmals, dass Informationen „nicht richtig ankommen“, und beginnt Sätze wie: „Ich würde mir wünschen, dass man das vielleicht…“ Ich halte sie an und gebe einen Meta-Kommentar: „Jetzt sind wir nämlich genau da. Genau deshalb unterbreche ich dich.“ Dadurch kann sie den vagen Wunsch in eine klare Aussage überführen: „Ich brauche, dass Informationen innerhalb eines Tages weitergegeben werden.“
- Wenn eine Formulierung auf etwas Tieferes verweist: Claudia fragt: „Ist das kackfrech, wenn ich das so sage?“ Ich greife diesen Ausdruck auf und zeige ihr, welche Wirkung solche Worte im Gespräch haben können. Dann frage ich: „Wie wirkt das auf dich selbst, wenn du es so formulierst?“ Gleichzeitig biete ich eine alternative Formulierung an: „Könnte es sein, dass dein Vorschlag mutig ist, aber im Ton noch besser anschlussfähig sein könnte?“
- Wenn ein Satz mit Unsicherheit beginnt: Claudia sagt: „Ich weiß nicht, ob das jetzt Sinn ergibt, aber...“ – ein Klassiker. Ich hake ein und frage: „Was genau ist dir daran wichtig?“ oder: „Was davon möchtest du wirklich ansprechen?“ So entsteht aus Unsicherheit ein konkretes Anliegen.
Was ich dann oft sage
„Warte kurz. Du bist gerade an einer Stelle, die wichtig ist. Lass uns da kurz anhalten, bevor du weiterredest.“
Oder:
„Ich unterbreche dich jetzt nicht, um dich zu stoppen – sondern um dir zu zeigen, wo dein Satz schon das gesagt hat, was du suchst.“
Führung im Gespräch – was du vom Coaching fürs Business mitnehmen kannst
Auch wenn du nicht coachst, sondern Teams führst oder im Vertrieb arbeitest, kennst du wahrscheinlich Situationen, in denen jemand sehr viel sagt – und am Ende ist unklar, worum es eigentlich geht. Gerade in Gesprächen mit Mitarbeitenden oder Kundinnen und Kunden kann es hilfreich sein, genau dort freundlich zu unterbrechen, wo der rote Faden verloren geht.
Statt passiv zuzuhören, bis sich Unklarheiten verfestigen, kannst du aktiv eingreifen – mit einem Satz wie:
- „Ich möchte kurz stoppen. Ich glaube, hier liegt etwas Wichtiges drin.“
- „Lass uns kurz sortieren, bevor wir weitermachen – was genau ist dir daran entscheidend?“
- „Welche Möglichkeiten habe ich, kurz zu stoppen und zusammenzufassen?“
Solche Eingriffe funktionieren besonders gut, wenn du sie vorab ermöglichst. Vielleicht mit einer einfachen Vereinbarung: Wir dürfen uns unterbrechen, wenn es der Klarheit dient.
Denn gute Gesprächsführung bedeutet nicht, alles aussprechen zu lassen – sondern das Wichtige herauszuarbeiten. Wenn du diese Haltung teilst und vereinbarst, wird Unterbrechen zu einem Zeichen von Wertschätzung, nicht von Dominanz.
2. Zusammenfassen heißt Verantwortung übernehmen – wie Sprachstruktur Ordnung schafft
Im Coaching entsteht oft sehr viel Inhalt in kurzer Zeit. Gedanken, Erlebnisse, Einschätzungen – vieles ist wichtig, manches wiederholt sich, manches bleibt vage. Wenn du sprichst, denke ich mit – und ich höre auf die Muster, die in deinen Worten auftauchen. Zum Beispiel: Sagst du „man müsste da mal…“, höre ich ein dissoziiertes Sprachmuster. Damit meine ich eine Formulierung, die Distanz schafft – es ist unklar, wer genau etwas tun sollte. Das Gegenteil davon ist ein assoziiertes Sprachmuster wie „Ich werde…“ oder „Mir ist wichtig…“, das Verantwortung und Position bezieht. Sagst du „eigentlich ist das nicht mein Job, aber…“, wird sichtbar, dass du ein Dilemma trägst. Solche Formulierungen geben Hinweise, wo im Gespräch Klarheit fehlt – und wo wir gemeinsam präziser werden können. Das Ziel ist immer: Orientierung schaffen.
Deshalb fasse ich regelmäßig zusammen. Ich sage dann oft: „Lass mich das mal kurz ordnen…“ oder „Ich wiederhole kurz, was ich verstanden habe…“ – nicht als Kontrollgeste, sondern als Einladung zur gemeinsamen Sortierung. Du bekommst zurück, was du gesagt hast – aber in strukturierter Form. Du hörst deine eigenen Inhalte mit klareren Konturen. Das kann entlastend sein, manchmal auch überraschend.
In solchen Momenten achte ich besonders darauf, welche Wörter du betonst – und welche du vermeidest. Oft fallen mir sogenannte Weichmacher auf: Wörter wie „eigentlich“, „vielleicht“ oder „nur“. Sie klingen harmlos, verändern aber die Kraft einer Aussage deutlich. In meinem Artikel „Ja! – ein Wort mit Geschichte und Wirkung“ beschreibe ich, welche Wirkung klare, affirmative Sprache haben kann – und warum das bewusste Wiederholen eines ‚Ja‘ mehr verändern kann als ein Dutzend Argumente.
Deshalb geht es beim Zusammenfassen nicht nur darum, was gesagt wurde – sondern auch, wie es gesagt wurde. Und ob das sprachlich zu dem passt, was du eigentlich erreichen willst.
Ein typischer Ablauf – direkt aus dem Gespräch
Claudia spricht über eine Arbeitssituation, in der Informationen nicht weitergegeben wurden. Sie formuliert: „… weil dann wieder einer kommt und irgendwas ausfüllt und der andere sagt, ja, das war aber gar nicht abgestimmt mit mir, und ich wusste das nicht und dann bin ich schon wieder irgendwie diejenige, die sagen muss, dass das so nicht geht...“
Ich höre zu – und erkenne: Hier liegen mehrere ineinander verschobene Aussagen. Ich unterbreche und sage:
„Lass mich das kurz ordnen. Was ich gehört habe, ist folgendes…“
Dann fasse ich zusammen:
„Du beschreibst, dass es Situationen gibt, in denen Informationen nicht abgestimmt weitergegeben werden. Die Folge ist, dass du die Klärung übernehmen musst, obwohl dir das weder formal noch inhaltlich zufällt. Und du brauchst dafür eine Regelung, die dir Rückendeckung gibt.“
Claudia nickt. Ich frage nach: „Trifft das deinen Punkt?“ – Sie bestätigt und ergänzt noch einen Aspekt.
So entsteht aus einer längeren Beschreibung mit vielen Unschärfen ein klarer Satz mit Struktur und Handlungsrichtung. Claudia reagiert darauf mit einem kurzen Nicken, atmet hörbar aus und sagt: „Ja, genau das meinte ich eigentlich.“ In diesem Moment wird deutlich, wie entlastend es sein kann, wenn jemand mithört, sortiert und die sprachliche Verantwortung kurz übernimmt.
In einer anderen Situation beginnt Claudia mit: „Ich weiß nicht, ob das jetzt Sinn ergibt, aber…“ Ich hake ein und frage: „Was davon willst du eigentlich sagen?“ – und biete ihr dann an: „Wenn du magst, formuliere das nochmal, so dass der wichtigste Punkt zuerst kommt.“
Durch diese Eingriffe verändert sich das Gespräch. Claudia beginnt, kürzer und zielgerichteter zu formulieren. Nicht weil sie sich anstrengt, sondern weil sie merkt: Das, worauf es ankommt, wird gehört – und strukturiert zurückgegeben.
Transfer in die Praxis – was du tun kannst
Auch außerhalb eines Coachings, wenn du in einer Führungsrolle bist oder im Vertrieb arbeitest, kannst du viel aus dieser Methode mitnehmen. Denn dort gilt dasselbe: Menschen reden oft viel – aber nicht immer klar. Gerade in Gesprächen mit Mitarbeitenden oder Kundinnen und Kunden lohnt es sich, Verantwortung für die Struktur zu übernehmen.
Was du tun kannst – Struktur statt Streuverlust
Vielleicht kennst du Sätze wie: „Das habe ich doch gesagt!“ oder „Ich dachte, das wäre klar gewesen.“ Doch zwischen dem Denken und dem Ankommen liegt oft die Struktur.
Fasse regelmäßig zusammen, was du gehört hast. Nicht als Kontrolle – sondern als Unterstützung. Zum Beispiel so:
- „Wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir vor allem um…“
- „Ich höre drei Punkte heraus – soll ich sie kurz spiegeln?“
- „Korrigiere mich bitte, wenn ich etwas falsch einordne.“
Wenn du das machst, ordnest du nicht nur den Gesprächsverlauf. Du übernimmst Verantwortung dafür, dass aus Reden Verstehen wird. Und das macht einen Unterschied – in jedem Team, in jedem Kundengespräch, in jeder Verhandlung.
- Weil dein Gegenüber im Gespräch genau das braucht: Klarheit
- Weil du durch diese Rückmeldung selbst in eine bessere Position kommst, deine Anliegen zu vertreten
- Weil aus einem chaotischen Redeanteil ein strukturierter Dialog wird – und genau das schafft Fortschritt
3. Coaching ist Gesprächsführung – sprachliche Interventionen mit Wirkung
Wir bleiben in der Sitzung mit Claudia. Du erinnerst dich: Zuvor ging es darum, wie ich unterbreche und wie ich zusammenfasse. Jetzt geht es um den dritten Schritt – um sprachliche Interventionen, die mehr sind als Rückmeldung. Sie sind kleine Eingriffe, die neue Wege eröffnen, ohne den Gesprächsfluss zu blockieren.
Nicht jedes Gespräch entwickelt sich von selbst in Richtung Klarheit. Manchmal braucht es eine Wendung – oder eine sprachliche Entscheidungshilfe. Ich arbeite im Coaching mit sprachlichen Interventionen – gezielt, dezent und immer mit dem Ziel, Bewegung in den Dialog zu bringen.
Was meine ich mit Interventionen?
Das sind kurze, sprachlich präzise Eingriffe in deinen Gedankenfluss. Kein Monolog mit Pausezeichen, sondern Impulse, die dir eine neue Perspektive anbieten – ohne dir etwas wegzunehmen. Du bleibst in der Verantwortung, aber du bekommst mehr Überblick.
Typische Formen solcher Interventionen – mit Beispielen aus der Sitzung mit Claudia
- Spiegelung:Claudia sagt in einer langen Passage, was sie alles erreichen will, endet aber mit: „Ich weiß nicht, ob das Sinn ergibt.“ Ich antworte: „Du hast gerade drei konkrete Anliegen genannt – und dann gesagt, du weißt nicht, ob das Sinn ergibt. Widerspricht sich das für dich?“ Damit konfrontiere ich sie mit einer unbewussten Einschränkung ihrer Klarheit.
- Reframing:Claudia fragt: „Ist das kackfrech, wenn ich das so sage?“ Ich greife den Begriff auf und frage: „Kackfrech ist ein sehr kraftvoller Ausdruck – was genau willst du damit ausdrücken?“ Damit helfe ich Claudia, ihre eigene Aussage zu reflektieren. Ich ergänze: „Wenn du das in einer Besprechung sagen würdest – was würdest du stattdessen formulieren?“ So entsteht durch das Reframing eine Verschiebung: von einer bewertenden, wenig anschlussfähigen Formulierung hin zu einer selbstwirksamen und konstruktiven Sprache.
- Präzisierung:Claudia sagt: „Man denkt dann immer, das sei zu direkt.“ Ich frage: „Wer genau ist ‚man‘?“ und leite über zu: „Wie würdest du das sagen, wenn du für dich sprichst?“
- Alternativvorschläge:Claudia formuliert eine Forderung mit: „Dafür muss eine neue Stelle geschaffen werden.“ Ich schlage vor: „Was wäre, wenn du sagst: ‚Welche Möglichkeiten gäbe es, diese Aufgabe neu zu organisieren?‘“ – Damit öffne ich den Raum für Kooperation statt Konfrontation.
Diese Interventionen sind keine Belehrung. Sie öffnen Räume. Du erkennst, wie du etwas anders sagen kannst – und bekommst die Wahl, ob du das nutzen möchtest. Damit leite ich nichts für dich ein, sondern ermögliche dir, es selbst anders zu gestalten.
Ein zentrales Element dabei ist die Erkennung von Sprach- und Verhaltensmustern. In meinem Artikel „Intrinsische und extrinsische Sprachmuster in der Unternehmenskommunikation“ zeige ich, wie unterschiedliche Sprachmuster – etwa ausweichende, generalisierende oder selbstverortete Formulierungen – Hinweise auf die innere Haltung und Verantwortungskultur einer Person geben. In Coachinggesprächen wie mit Claudia nutze ich dieses Wissen, um genauer hinzuhören: Spricht jemand im Modus des Rückzugs oder der Gestaltung? Erkennt er oder sie sich als Teil des Problems – oder als Teil der Lösung? Das Beispiel hier ist nur eines von vielen, wie sich solche Muster aufspüren und besprechbar machen lassen. Gerade durch das bewusste Sichtbarmachen solcher sprachlicher Routinen – wie du sie in den Beispielen mit Claudia sehen konntest – eröffnen sich neue Handlungsspielräume für dich und dein Gegenüber.
Ein Beispiel aus der Sitzung mit Claudia – Vom Kraftausdruck zur konstruktiven Sprache
Claudia sagt in einem emotional geladenen Moment: „Das war einfach kackfrech.“
Ich halte kurz inne und sage: „Magst du kurz sagen, was du damit meinst?“
Claudia: „Na ja, das war einfach so übergriffig – frech halt.“
Ich hake nach: „Was genau war übergriffig?“
Sie: „Na ja, dass die einfach entschieden haben, obwohl das gar nicht abgesprochen war.“
Ich: „Und du nennst das kackfrech – ist das ein Begriff, den du auch im Gespräch verwenden würdest?“
Claudia lacht: „Nee, das hab ich jetzt nur so gesagt.“
Ich: „Ich frage deshalb, weil Kraftausdrücke viel transportieren, aber wenig Anschluss ermöglichen. Wenn du den Ärger anders verpackst, wird deine Botschaft vielleicht eher gehört. Was würdest du sagen, wenn du den Satz so formulierst, wie du ihn in einer Besprechung sagen würdest?“
Claudia überlegt und sagt: „Ich war ehrlich gesagt irritiert, dass da etwas entschieden wurde, ohne dass ich einbezogen wurde.“
Ich: „Das ist eine sehr klare Botschaft. Und sie macht den Gesprächsraum auf.“
So wird aus einem affektgeladenen Kraftausdruck eine konstruktive Formulierung. Der emotionale Impuls bleibt hörbar – aber in einer Sprache, die Beziehung ermöglicht statt sie zu gefährden. Genau dafür ist Coaching ein Resonanzraum.
Transfer in die Praxis – was du tun kannst
Wenn du Teams führst oder Kundengespräche führst, kennst du vermutlich Situationen, in denen sich Emotionen Bahn brechen. Manchmal direkt, manchmal verkleidet – in Ironie, in kraftvollen Worten oder in subtilen Seitenhieben. Was ich im Coaching tue, kannst du auch im Alltag nutzen: Du kannst beobachten, wie gesprochen wird – nicht nur, was gesagt wird.
Wenn du hörst: „Das war kackfrech“, könntest du – statt zurückzuschrecken – nachfragen: „Was genau war daran für dich übergriffig?“ Oder: „Wie würdest du das formulieren, wenn du deine Irritation als Gesprächsangebot verstehst?“
Sprache kann Türen schließen – aber eben auch öffnen. Wenn du erkennst, wo sich Ärger, Rückzug oder Angriff in den Formulierungen zeigen, und dazu passende Alternativen anbietest, gestaltest du Gespräche aktiv mit. Und manchmal reicht schon ein Satz wie: „Das klingt kraftvoll – wie möchtest du, dass dein Gegenüber darauf reagiert?“
Diese Art der Intervention ist kein Coachprivileg. Probier beim nächsten Gespräch ruhig eine dieser Fragen aus – und beobachte, was sich verändert. Sie ist erlernbar – und sie beginnt mit dem Zuhören. Genau hinzuhören lohnt sich. Besonders dann, wenn es laut wird.