Kommunikation kostet Energie, sowohl bei Maschinen als auch bei Menschen. Klare und präzise Kommunikation reduziert Zeitverlust, Stress und fördert Produktivität und Beziehungen. Kleine Veränderungen in der Formulierung können große Auswirkungen auf Effizienz und Klarheit haben.
Was Sam Altmans Stromrechnung mit smarter Kommunikation im Alltag zu tun hat – und warum weniger manchmal mehr sagt.
Du nutzt ChatGPT oder ein anderes KI-Tool – und plötzlich erscheint die Meldung: „Du hast dein Limit erreicht. Bitte versuche es später erneut.“
Ein kurzer Moment des Wartens. Ausgesperrt aus der digitalen Welt.
Was auf den ersten Blick wie ein technisches Problem wirkt, ist in Wirklichkeit Teil eines größeren Zusammenhangs:
Kommunikation kostet Energie.
Sam Altman, CEO von OpenAI, hat diese Perspektive kürzlich auf der Plattform X (ehemals Twitter) aufgegriffen.
Er wies darauf hin, dass selbst scheinbar harmlose Höflichkeitsfloskeln wie „Bitte“ und „Danke“ in Anfragen an ChatGPT jedes Jahr Stromkosten in Millionenhöhe verursachen.
Denn jede noch so kleine Eingabe muss verarbeitet werden – und jede Verarbeitung bedeutet Rechenleistung, Serverkapazitäten und damit Energieverbrauch.
Eine einzelne Anfrage an ChatGPT benötigt etwa das Zehnfache der Energie einer klassischen Google-Suche.
Berechnungen zufolge kostet eine Antwort mit rund 100 Wörtern etwa 0,14 kWh – genug, um 14 LED-Lampen eine Stunde lang leuchten zu lassen.
Doch Kommunikation kostet nicht nur Maschinen Energie. Auch wir Menschen zahlen täglich einen Preis dafür – oft in Form von Zeit, Konzentration und emotionaler Belastung.
Warum Kommunikation Energie kostet – bei Maschinen und Menschen
Im digitalen Raum: Jede Eingabe verbraucht Ressourcen
Je länger und komplexer eine Eingabe, desto mehr Energie wird verbraucht.
Auch wenn es sich bei Formulierungen wie „Könntest du bitte...“ menschlich richtig und respektvoll anfühlt, entstehen im Hintergrund für jede Silbe neue Rechenprozesse.
Kumuliert über Millionen Anfragen weltweit wird daraus ein messbarer Energieaufwand.
Im menschlichen Miteinander: Unklare Kommunikation belastet uns
Auch zwischen uns Menschen zeigt sich ein ähnliches Muster: Je unklarer Kommunikation ist, desto mehr Energie kostet sie – emotional wie organisatorisch.
Ein Blick auf aktuelle Studien macht die Dimensionen sichtbar:
- Zeitverlust durch Missverständnisse:Laut einer Befragung von über 1.000 Beschäftigten (Gallup, 2024) berichten 63 %, dass sie regelmäßig Zeit verlieren, weil Informationen ungenau oder unverständlich übermittelt wurden.Es geht hier nicht nur um kleine Abstimmungsprobleme – sondern um Stunden an zusätzlicher Klärung und Nacharbeit.
- Steigender Stress:Dieselbe Studie zeigt: 43 % der Befragten erleben durch Kommunikationsprobleme spürbaren Stress – bis hin zu Erschöpfungserscheinungen.Wenn Missverständnisse zur Tagesordnung gehören, steigen emotionale Belastung und das Risiko für Burnout.
- Finanzielle Verluste:Unternehmensanalysen schätzen, dass schlechte interne Kommunikation jährlich pro Mitarbeiter durchschnittlich über 11.000 € Produktivitätsverlust verursacht.Hochgerechnet auf große Organisationen geht es hier schnell um Millionenbeträge, die schlicht verpuffen, weil Aufgaben falsch verstanden oder mehrfach erledigt werden.
- Persönliche Beziehungen:Auch privat zeigt sich der Preis unklarer Kommunikation:In Studien nennen 65 % der Befragten Kommunikationsprobleme als einen der Hauptgründe für das Scheitern ihrer Partnerschaft.Kleine Unklarheiten, unausgesprochene Erwartungen oder Missverständnisse summieren sich im Alltag und können über die Zeit tiefe Gräben reißen.
Kurz gesagt:
Ob im Meeting, per E-Mail oder im persönlichen Gespräch – wenn Kommunikation unklar ist, zahlen wir alle drauf.
Mit unserer Zeit, unserer Energie und manchmal auch mit unseren Beziehungen.
Was klare Kommunikation bewirken kann
Die gute Nachricht: Klare, präzise Kommunikation hat eine sofort spürbare Wirkung – im Beruflichen wie im Privaten:
- Weniger Zeitverlust:Wenn Erwartungen und Informationen von Anfang an klar formuliert sind, entfallen Rückfragen und aufwendige Klärungsschleifen.
- Geringerer Stress:Klarheit schafft Sicherheit. Wer weiß, was gemeint ist und was erwartet wird, kann sich besser fokussieren und fühlt sich weniger belastet.
- Höhere Produktivität:Teams, die offen und präzise miteinander sprechen, arbeiten nicht nur schneller, sondern oft auch kreativer und mit mehr Freude.
- Stärkere Beziehungen:Privat erleben Menschen, die sich klar und einfühlsam ausdrücken, weniger Konflikte und mehr Verbundenheit.
In meinen Workshops arbeite ich genau daran: typische Alltagssituationen sichtbar zu machen, in denen schon kleine Veränderungen große Wirkung entfalten können.
Es geht nicht darum, perfekt zu formulieren – sondern darum, bewusst zu kommunizieren: klar, freundlich und auf den Punkt.
Und manchmal ist es tatsächlich nur ein präziser Satz, der viele Stunden Arbeit und viele graue Haare erspart.
Beispiele: Typische Alltagssituationen
Manchmal entscheiden kleine Unterschiede in der Formulierung darüber, wie viel Energie eine Kommunikation kostet – und wie wirkungsvoll sie ist.
Hier einige typische Situationen aus dem Alltag, in denen klarere Sprache spürbare Konsequenzen hat – im Gespräch mit Menschen ebenso wie bei der Arbeit mit KI.
Beispiel 1: Überprüfung von Inhalten
Typische, unklare Bitte:
„Kannst du da mal drüber schauen?“
Präzisere Variante:
„Korrigiere bitte meine Fehler und überprüfe meine Berechnungen auf Richtigkeit.“
Unklarer Prompt an die KI:
„Schau dir diesen Text bitte mal an.“
Präziser KI-Prompt:
„Korrigiere folgenden Text auf Rechtschreibung und überprüfe die enthaltenen Kalkulationen auf Fehler: [Text einfügen].“
Wirkung der Formulierungen:
Wenn ich vage darum bitte, „mal drüber zu schauen“, bleibt offen, worauf genau geachtet werden soll.
Das kostet Energie – durch zusätzliche Nachfragen oder unvollständige Prüfungen.
Auch bei der KI erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unkonkret ausfällt oder wichtige Aspekte übersehen werden.
Je klarer ich das Ziel meiner Bitte formuliere, desto effizienter und passgenauer ist das Ergebnis.
Beispiel 2: Begriffsklärung
Typische, unklare Nachfrage:
„Was meinst du denn genau?“
Präzisere Variante:
„Bitte erläutere mir deine Definition genauer und gib ein praktisches Beispiel dazu.“
Unklarer Prompt an die KI:
„Kannst du das nochmal erklären?“
Präziser KI-Prompt:
„Erkläre den Begriff ‘Organisationsentwicklung’ in einfachen Worten und gib zwei konkrete Beispiele aus der Unternehmenspraxis.“
Wirkung der Formulierungen:
Offene Nachfragen lassen viel Interpretationsspielraum – manchmal zu viel.
Gerade bei komplexen Begriffen entsteht dadurch die Gefahr, dass das Gegenüber entweder zu allgemein oder am Bedarf vorbei erklärt.
Bei einem LLM führt ein unspezifischer Prompt oft zu langen, vagen Antworten.
Je gezielter ich ausdrücke, was ich brauche, desto hilfreicher wird die Antwort – und der Klärungsaufwand sinkt spürbar.
Beispiel 3: Feedback zu einem Text oder einer Präsentation
Typische, unklare Bitte:
„Wär’s vielleicht möglich, wenn du mal draufguckst?“
Präzisere Variante:
„Bitte gib mir eine klare Rückmeldung zur Struktur und Verständlichkeit meines Textes.“
Unklarer Prompt an die KI:
„Kannst du bitte sagen, ob das gut ist?“
Präziser KI-Prompt:
„Bewerte den folgenden Artikel hinsichtlich Struktur, Verständlichkeit und Logik und gib konkrete Verbesserungsvorschläge: [Text einfügen].“
Wirkung der Formulierungen:
Allgemeine Bitten wie „mal draufgucken“ oder „sagen, ob das gut ist“ führen oft zu wohlwollendem, aber wenig konkretem Feedback.
Klar formulierte Erwartungen – etwa die Bitte, gezielt Struktur und Verständlichkeit zu bewerten – fokussieren die Aufmerksamkeit auf die Punkte, die wirklich wichtig sind.
Das spart Energie, weil keine zusätzlichen Schleifen nötig werden, um zu verstehen, was verbessert werden soll.
Beispiel 4: Statusabfrage
Typische, unklare Nachfrage:
„Was läuft bei dir?“
Präzisere Variante:
„Gib mir bitte eine aktuelle Statusmeldung zu unserem Projekt – was erledigt ist, was gerade läuft und welche Aufgaben als Nächstes anstehen.“
Unklarer Prompt an die KI:
„Wie ist der Stand der Dinge?“
Präziser KI-Prompt:
„Fasse die aktuellen Fortschritte, offenen Aufgaben und nächste Schritte im Projekt [Projektname] in drei kurzen Absätzen zusammen.“
Wirkung der Formulierungen:
Unpräzise Statusabfragen liefern oft unstrukturierte oder zu allgemeine Antworten.
Je klarer ich sage, welche Art von Statusmeldung ich erwarte, desto besser kann sich mein Gegenüber orientieren.
Bei einer KI führt ein strukturierter Prompt ebenfalls dazu, dass die Antwort übersichtlich gegliedert wird – was später Zeit spart und Missverständnisse vermeidet.
Beispiel 5: Analyse von Problemen
Typische, unklare Beschwerde:
„Das nervt mich total!“
Präzisere Variante:
„Bitte analysiere die Schwachstellen in diesem Prozess und mache Vorschläge zur Verbesserung.“
Unklarer Prompt an die KI:
„Was läuft da falsch?“
Präziser KI-Prompt:
„Analysiere die Schwächen im folgenden Prozess und schlage drei konkrete Verbesserungsmöglichkeiten vor: [Beschreibung einfügen].“
Wirkung der Formulierungen:
Spontane Ärgeräußerungen drücken Unzufriedenheit aus, liefern aber keine Richtung für die Problemanalyse.
Eine klare Aufgabenstellung hingegen lenkt die Aufmerksamkeit auf Ursachen und Lösungsmöglichkeiten.
Beim Einsatz von KI entscheidet die Präzision der Eingabe darüber, ob ich eine nutzbare Analyse mit konkreten Empfehlungen bekomme – oder nur eine allgemeine Problembeschreibung.
Beispiel 6: Verbesserung der Teamkommunikation
Typische, unklare Anmerkung:
„Man sollte öfter miteinander reden.“
Präzisere Variante:
„Schlage bitte konkrete Maßnahmen vor, wie wir die interne Kommunikation im Team verbessern können.“
Unklarer Prompt an die KI:
„Wie kann man besser kommunizieren?“
Präziser KI-Prompt:
„Erstelle eine Liste mit fünf konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der internen Kommunikation in einem kleinen Team (10 Personen).“
Wirkung der Formulierungen:
Allgemeine Appelle wie „Man sollte…“ bleiben oft folgenlos, weil sie weder konkrete Schritte noch Verantwortlichkeiten aufzeigen.
Eine klare Bitte nach konkreten Maßnahmen fördert lösungsorientiertes Denken – sowohl bei Menschen als auch bei Maschinen.
Gerade bei einem LLM führt ein präziser Prompt zu praktischen Handlungsvorschlägen, die im Team tatsächlich umgesetzt werden können.
Reflexion: Energie intelligent einsetzen
Wenn wir genauer hinschauen, erkennen wir:
Was im Gespräch mit Menschen nervenschonend wirkt – Klarheit, Präzision, konkrete Bitten – ist im Dialog mit KI-Systemen stromsparend.
Dabei geht es nicht darum, emotionslos zu kommunizieren oder Maschinen menschlicher erscheinen zu lassen.
Es geht darum, unser Anliegen so präzise zu formulieren, dass es ohne Umwege ankommt – und damit sowohl menschliche als auch technische Ressourcen bewusst schont.
Vielleicht wird Kommunikation in Zukunft noch bewusster werden:
Nicht weil wir weniger fühlen oder weniger denken –
sondern weil wir lernen, achtsamer mit Energie umzugehen, auf beiden Seiten der Verbindung.
Wenn du tiefer in die Kunst des ressourcenschonenden Kommunizierens eintauchen möchtest, empfehle ich dir folgende Artikel aus dem Dialoglabor:
- 38 Prompts – Ein umfassender Leitfaden zur effektiven Kommunikation mit KI-Modellen.
- Style Prompting – Anpassung des Kommunikationsstils für unterschiedliche Kontexte.
- Role Prompting – Einnehmen spezifischer Rollen zur differenzierten Aufgabenbearbeitung.
- Tree of Thought – Entwicklung paralleler Lösungsansätze für umfassendere Analysen.
- Gespräche mit Konfliktpotential – Strategien zur effektiven Kommunikation in herausfordernden Situationen.
Diese Beiträge bieten dir wertvolle Einblicke und praktische Ansätze, um sowohl im menschlichen Miteinander als auch im Umgang mit KI-Systemen effizient und ressourcenschonend zu kommunizieren.